Montag, 7. August 2017

Vila da Poesia

Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent - die physische Reise ist relativ schnell erledigt. Es dauert nur ein ein bisschen mehr als 1 1/2 Tage um die unglaubliche Distanz von 17500 km zurück zu legen, die wir mit all unseren Zwischenstops gemacht haben (nur so am Rande: der Äquator hat eine Länge von ca. 40000 km, das heißt wir haben mehr als ein Drittel dieser Distanz zurück gelegt...).

Aber wie schafft es der Geist, all das zu überwinden? Wie kann man die kleinen, aber auch großem Unterschiede in sich aufnehmen, wenn man sich nach solch einer Reise wie in Watte gehüllt fühlt und eventuell im Herzen noch ein großes (Sorgen/Hoffnungs)-Binkerl mit sich herum trägt?

Als wir in Fortalzea ankommen, mein Genick und meine Beine sich so anfühlen als hätte ich mich zu Pinocchio materialisiert, mein Kopf dröhnt wie ein Presslufthammer und meine Ohren summen wie ein Bienenschwarm, werden wir mit einem herzlichen Lächeln von Carmen, Wiley und Bergi vom Cajueiro abgeholt. Dem Cajueiro-Team dürfte, trotz des Versuchs unserer seits ein Lächeln aufzusetzen, bewusst sein, dass wir ziemlich paralysiert sind und haben deswegen etwas ganz besonderes für das physische, aber vorallem geistige Ankommen angedacht.

Denn 40 Minuten von Fortaleza entfernt, in Maranguape (Bundesland: Ceará), liegt in einer  kleinen Seitenstraße  versteckt, ein wundersamer Ort von Dichtern und Künstlern und tief naturverbundenen Menschen, die versuchen auf solidarischer Ökonomie basierend, sich und all jenen die willig sind sich darauf einzulassen, ein Leben zu ermöglichen, dass Abseits der neoliberalen, kapitalistischen Strukturen liegt. Dort werden Worte zu herzensheilenden Gedichten geformt, die auch des Nächtens die Sonne im Inneren unserer selbst zum Strahlen bringen und wo jede Mahlzeit, nicht nur der physischen Stärkung dient, sondern das soziale Gleichgewicht durch Austauch ermöglichen soll. Die VILA DA POESIA.

Und genau so werden wir hier empfangen:  von fröhliche Gesichter mit Lachfältchen rund um die Augen, rund um einen gemeinsamen Esstisch der kommunalen Küche inmitten eines bezaubernden Gärtchens. Wir werden alle mit einer Umarmung begrüßt! Doch wir lieben, kleinen Reisenden sind noch zu sehr von der Reise mitgenommen, Essen daher nur sehr zaghaft und verabschieden und recht rasch in unsere Betten....




.... um am nächsten Morgen von ryhtmischen Männergesang (anscheindend aus der Küche) geweckt zu werden.
Fran und Carlos bei der singenden Zubereitung des Essens
Was sich uns hier nun die nächsten 2 Tage darbietet, ist beinahe unbeschreiblich und auch kaum von mir zu diesem Zeitpunkt aufnehmbar, da es so viel wundersames zugleich ist, ich aber immer noch im Geist, nach europäischen Maßstäben ticke. Ich möchte aber dennoch versuchen, einen kleinen Eindruck zu ermöglichen.

Ganz wichtig ist mir dabei, dass natürlich jeder Ort seine Magie hat, aber erst die Menschen vor Ort machen es zu einer einzigartigen Kombination. Am tiefsten berührt mich in der VILA DA POESIA die zauberhafte Ana, die von meinem Gefühl her hier die spirituelle Leitung über hat. Eine unglaublich ausdrucksstarke Frau, die tiefe innere Ruhe ausstrahlt, aber ein unbeschreibliches Wissen über Natur und spirituelle Welten in  sich trägt.

Und sie ist die jenige, die uns Versucht ein Ankommen zu ermöglichen. Sie wandert mit uns durch den Garten und zeigt uns die Pflanzenwelt, die sie umgibt. Angefangen von Gemüsepflanzen, bis hin zu einem Baum, der den dort vorher ansässigen Indigenen heilig ist und Ayahuasca-Ähnliche Inhaltsstoffe in sich trägt. 

Jurema - der heilige Baum der lokalen Indigenen

Okra wird hier auch angebaut

aus den Früchten des Baum "busa" macht man Schwämme

bekannte Weggefährten trifft man hier...

.... so wie auch unbekanntere Weggefährten!

 new Stabheuschrecken-Buddy


Ana leitet mit uns auch eine eizigartige Stärkung unserer Basis an, indem sie uns einen ganz speziellen Tee aufkocht, indem wir uns unsere Füße waschen sollen - und zwar gegenseitig! Ein Ding der Unmöglichkeit in Europa, wo solch körperliche Nähe nie und nimmer in dieser Form gelebt und genossen werden könnte.
vor der gegenseitigen Fußwaschung







Reginaldo beim Vortragen eines Gedichtes
Begleitet wird dieses Programm stehts von den vor Ort lebenden Dichtern, die uns selbst geschriebenen Gedichte vortragen. Das sie ihre Inspiration aber auch von anderen Dichtern haben, zeigt sich nicht nur darin, das sie uns zb Werke von Cora Coralina vortragen, sondern auch darin, dass sie ihre Häuser die sich auf dem gesamten Gelände verteilen, nach ihnen benannt haben.
überall im Garten sind poetische Texte verteilt















Auch das Team von Cajueiro trägt seinen Teil zu unser Willkommensheißung in Brasilien bei und hält mit uns ein Seminar ab, bei dem wir versuchen dominante Machtstrukturen zu identifizieren und versuchen Alternativen zu finden, wie sie uns aber Anhand der solidarische Ökonomie in der Vila da Poesia bereits vorgelebt wird.
Vorbereitung des Caju-Teams für unser Seminar
Kurz vor unserer Abreise dürfen wir sogar noch gemeinsam einen Baum pflanzen um hier für Ewig mit einem Teil verwurzelt zu sein.

Wenzel bei den Vorbereitungsarbeiten für unseren Baum

nach österreichischer Manier.... einer hackelt, der Rest sieht zu...

Aber auch wenn uns hier wirklich unbeschreibliches geboten wird, fühle ich mich dennoch oft nicht ganz angekommen und kann nicht alles in vollen Zügen genießen, da ich so gerne etwas mit der gleichen künstlerischen Einzigartigkeit zurück geben würde. Was alleine schon wegen der sprachlichen Barriere und des knappen Zeitplans kaum möglich ist. 

Dennoch schaffen wir es, die uns gegebene Energieein wenig zu tranformieren, indem wir wunderschöne Steine aus dem Garten mit den uns präsentesten Wörtern der Dichter in kleine Änhänger knüpfen und ihnen zum Abschied überrreich und ein wenig offener unserem nächsten Ziel entgegen eilen.












1 Kommentar:

  1. Danke liebe Sonja für die berührenden Beiträge...freue mich auf weitere Berichte aus einem mir unbekannten Land. Alles Liebe Christine

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